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Teil 10: Legalisieren

Wie es im Leben so kommt - anders. Eigentlich sollte die Jawa 2011 ihr Kennzeichen verpasst bekommen. 2011 und der größte Teil von 2012 wurden dann aber einem anderen, viel spannenderem Projekt gewidmet. Es heißt Charly und hat das bezauberndste Lächeln der Welt. Da ich mir aber fest vorgenommen hatte, die Karre noch 2012 zur Zulassung zu bringen klotzte ich nochmal richtig ran.

Zunächst mal wurden neue Glühlampen für das Bremslicht geordert. Genauer gesagt sind es LEDs weil die bereits rot leuchten ohne mit Farbe bepinselt werden zu müssen. Die sind zwar nicht zugelassen aber ich war mir sicher, dass der nette TÜV Prüfer sicher nicht das Rücklicht aufschrauben wird.
Das Problem mit dem Typschild löste ich erst mal sehr unkonventionell. Kleber und Schrauben. Hält auch und ersparte mir erst mal die Demontage der gesamten Front. Die würde später eh noch kommen da im Regal noch eine fast fabrikneue Gabel auf ihren Einbau wartet.

Mit frischem Mut also die Jawa nochmal zu einer kurzen Proberunde rausgeholt und dann einen Termin beim TÜV gemacht. So ganz unvorbereitet wollte ich dann aber auch nicht da auftauchen und so dachte ich mir es wäre eine gute Idee, mit dem extra erworbenen Kurzzeitkennzeichen mal eine etwas größere Runde zu drehen.

War eine blöde Idee. Nach 20 km fiel der linke Topf aus und der rechte qualmte erbärmlich. Super, in 3 Stunden habe ich einen Termin beim TÜV für ein Vollgutachten und mir verreckt der Motor. Leicht hektisch also erst mal die Kerzen runter - Diagnose: total verölt. Naja, der Topf lief ja nun auch 5 km nicht, hat aber die volle Ladung Gemisch abbekommen. Also erst mal alles trocken wischen und dann mal den Zündfunken prüfen.

Keiner da. Super. Das kann ich jetzt gut brauchen. Noch 2 Stunden 30 Minuten. Also Deckel von der LiMa runter und den Unterbrecher prüfen. Nach einer weiteren Stunde und dem Austauschen sämtlicher relevanter Teile bleibt festzustellen: Funke ist manchmal da, manchmal scheinbar nicht. Ich hab aber eh kaum noch Zeit. Also alles wieder zusammen schrauben und testen. Nach 5 Metern Anschieben springt die Jawa an und nach drei, vier extrem qualmigen Gasstößen läuft der Motor - auf beiden Töpfen. Ja leck mich doch. Also schnell ein paar Meter drehen und dann müsste ich eigentlich auch schon los.

Mit allen verfügbaren Papieren und frischem Mut geht es los zum TÜV. Kurz vorm TÜV Gelände verreckt mir wieder der linke Topf. Leider habe ich jetzt keine andere Wahl mehr und rolle auf den Parkplatz. Nach ein paar Minuten ist der TÜV Prüfer für mich da. Ich schiebe die Jawa in die heiligen Hallen der Prüfung und erwarte Schlimmstes. Der Prüfer ist von der Jawa sichtlich überfordert, hat weder eine Ahnung was er da gerade prüft noch wie das Teil zu bedienen wäre. Er macht nur ein paar Fotos, schreibt sich alle möglichen Zahlen auf und will nochmal die Funktionstüchtigkeit des Lichtes prüfen. Da die Batterie durch meine Bastelorgie an der Zündung etwas schwach auf der Brust ist, muss dazu der Motor laufen. Unter den Augen des Prüfers und mit einem flotten Spruch auf den Lippen schiebe ich die Jawa an (!) weil sie sonst nicht zum Laufen zu bewegen ist. Widerwillig pöttelt sie auf einem Topf vor sich hin und bläst dabei eine riesen Wolke aus dem rechten Auspuff. Ich lächle und führe das Licht vor während ich innerlich kurz ein Stoßgebet zum Himmel schicke, dass dem die Ölwolke nicht auffällt und er nicht merkt, dass nur eine Zylinder läuft.

Er verzieht keine Miene und scheint mit der Demonstration zufrieden zu sein. Jedenfalls kann ich die Jawa ausmachen und er verschwindet für fast eine Stunde im Büro. Zwischendurch kommt er noch zwei mal raus und fragt ein paar Sachen, will aber sonst weder was an der Jawa sehen geschweige denn prüfen.

Nach knapp 90 Minuten ist der Zauber vorbei. ich habe mein Vollgutachten und die Einstufung als Oldtimer in den Händen, bezahle und schiebe die Jawa freundlich lächelnd erst mal um die Ecke. Da sieht mich keiner wie ich erst mal wieder die Kerzen runter schraube, reinige und die Jawa wieder anschiebe. Wenigstens hat dieses Vorgehen Erfolg. 10 km später darf ich das noch mal wiederholen und letztlich rolle ich wieder nur auf einem Topf zu Hause in die Garage.

Ich könnt schreien. Was zu Hölle hat die Karre? Nach einer Weile Grübeln und Fehleranalyse fällt es mir dann ein. Der Sprit! Ich hatte den Tank damals, Anfang 2010 mit 10 Liter 1:20 Gemisch befüllt und den Vergaser auf "Einfahren" eingestellt. Mittlerweile sind fast 30 Monate rum, der klägliche Rest dieses Benzins schwappt immer noch im Tank und der Vergaser befüttert den Motor immer noch mit einer ordentlich überfetteten Mischung. Nur dass die mittlerweile wohl kaum noch Benzin enthalten dürfte.

Am nächsten Tag hole ich frischen Sprit, mach eine 1:33 Mischung, stelle den Vergaser wieder auf Normalbetrieb und siehe da: Der Motor läuft. Auf beiden Töpfen und auch länger als 20 km am Stück. Na das war ja einfach.

Das Zulassen der Jawa gestaltet sich dann erstaunlich einfach. Die freundliche Dame in der Zulassungsstelle hat keinen Plan was sie mit dem alten DDR KFZ Brief anfangen soll und stellt daher ohne weitere Fragen einen neuen Brief aus und lässt die mittlerweile 53 Jahre alte Jawa mit dem passenden Kennzeichen "J 354 H" wieder für den Straßenverkehr zu.

Dem ersten großen Auftritt der Jawa steht also nichts mehr im Wege. Morgen geht es zur Glemseck 101. Mal sehen wen man so trifft ;o)


Tja, damit endet die Geschichte. Es gibt zwar noch viel zu Basteln und zu Verbessern, aber das Ziel an sich ist erreicht: Nach über 20 Jahren darf die alte Dame wieder auf dem Asphalt surfen - und auf jedem Meter davon werde ich ein breites Grinsen im Gesicht haben.

Jawa 354 - Nach der Restauration