Nach einem guten Frühstück ging es am nächsten Morgen dann auf der ebenso endlosen wie langweiligen Landstraße 9 weiter Richtung Frankreich und dort zunächst auf der Autobahn 9 weiter bis Martigny. Das Wetter ist bombig, Sonne so weit das Auge reicht. Wir düsen vorbei an Martigny, hinauf auf den Col de la Forclaz und wieder abwärts nach Charmonix-Mont-Blanc vorbei am Mont Blanc Massiv. Smokie beschwert sich bei einer kurzen Pause darüber, dass man ja ruhig mal für ein paar Fotos hätte anhalten können, andererseits sind wir ja nicht zum Sightseeing hier.
Bei Passy biegen wir dann links ab und fahren weiter über Megève und Ugine zum namensgleichen aber sehr viel kleineren Col de la Forclaz. Die kleinen engen Sträßchen sind eine wahre Freude und da wir abseits jeder Hauptverkehrsader unterwegs sind, haben wir die Pisten auch fast für uns allein. Da die Pisten aber selten breiter als 3 Meter sind ist es aber wohl auch besser nicht hinter jeder Kurve mit einem 48 Tonner rechnen zu müssen.
Auf der Passhöhe treffen wir eine Gruppe BMW Fahrer und plauschen kurz. Einen Corny und einen Schluck aus der Wasserflasche später geht es dann wieder weiter. Bei Le Grand Village kommen wir leider wieder auf die Hauptstraße und folgen dieser bis Albertville wo wir auf die noch langweiligere N90 in Richtung Bellecombe abbiegen. Es ist echt Mist dass es da kaum Alternativen gibt. Bei Pussy haben wir die elend langweilige Schnellstraße dann endlich geschafft und biegen auf die Passstraße zum Col de la Madeleine ab. Endlich wieder Kurven. Erstaunlicherweise ist kaum jemand unterwegs. Nur selten treffen wir andere Biker. Anfang Juni scheint also keine besonders beliebte Reisezeit zu sein. Oben auf dem Madeleine ist es - wie nicht anders zu erwarten - saukalt und nur die Südlagen und die Straße selber sind von Schnee befreit. Mirko will es irgendwie nicht wahr haben und obwohl man schon vom Parkplatz aus sehen kann dass die Stichstraße hoch zum Gipfel gesperrt ist will er es wissen. Naja, Schotterfieber halt. Keine 500 Meter kommt er und muss dann, mangels Säge und weil Zertrennen von Schlagbäumen wohl strafbar ist, aufgeben.
Von Le Chambre aus geht es weiter über den Col du Glandon und den Col de la Croix de Fer. Es ist erstaunlich kalt auf den Passhöhen und ich bin echt froh die dicken Winterhandschuhe doch noch eingepackt zu haben. Mittlerweile hat ach jeder so seinen Rhytmus gefunden und das Tempo wird spürbar schneller. In jeder Kehre habe ich irgendwie das Gefühl ein Verkehrshindernis zu sein. Jedenfalls fahren mit die zwei mit ihren kleinen 600er Fahrrädern regelmäßig um die Ohren und nur weil ich das Navi habe und damit "weiß" wo es langgeht lassen die zwei mich nicht einfach stehen.
Am Vorabend hatten Mirko und ich Smokie von unserer "Bremsenteststrecke" erzählt, die wir einige Jahre zuvor zufällig entdeckt hatten. Da ich mein Notebook dabei hatte und im Hotel WLAN verfügbar war, fanden wir (dank Goolge Maps) die Piste sogar wieder. Bei Belleville müssten wir dazu rechts abbiegen doch auf der Kreuzung macht sich gerade ein Straßenarbeiter an einem "Ferme" Schild zu schaffen. Eigentlich wollen wir gar nicht die Straße nehmen die er gerade wieder freigibt sondern auf der Umleitung nach Mollard weiterfahren. Er denkt aber er müsste uns irgendwie erklären dass die Straße jetzt wieder frei ist und wir nicht die Umleitung fahren müssen.
Nach einem kurzen "Ich werf Dir Ortsnamen an den Kopf und Du nickst wenn Du da hin willst" Spiel lässt er uns ziehen und wir können über den Col du Mollard (extrem unspannend) nach Albiez-le-Vieux weiter wo wir nach rechts in eine kleine, unscheinbare Straße abbiegen die zunächst nur irgendwo durchs nirgendwo führt um dann kurz hinter Albiez-le-Jeune in ein 48 Kehren Marathon steil ins Tal nach Villargondran zu münden.
Teilweise lohnt es sich nicht mal zwischen den Kehren zu schalten denn die Geraden sind oft nicht mal 50 Meter lang.
Unten angekommen führt die Straße an einer Bahntrasse entlang. Als mein Navi meint ich solle in 200 Metern abbiegen, bin ich verwirrt denn da ist keine Straße zu sehen. Ungläubig fahren wir an einer winzig kleinen Unterführung vorbei die eher den Charme eines Abwasserkanals hat als eine echte Straße zu sein. Doch mein Navi bleibt dabei - da sollen wir durch.
Wir drehen um und nachdem aus dem Abwasserkanal tatsächlich ein Auto rauskam kann es sooo falsch dann nicht sein. Beim Durchfahren müssen wir die Köpfe einziehen und Smokies Tenere kratzt mit der Scheibe schon fast an der Decke denn die Unterführung ist nur knapp 1,70 m hoch. Was die Straßenbauer sich dabei gedacht haben mögen ...
Auf der anderen Seite erwartet uns wieder die Schnellstraße die wir ein paar Kilometer später in Saint-Michel-de-Maurienne wieder verlassen und nach dem Col du Telegraph einen der schönsten Alpenpässe - den Col du Galibier - in Angriff nehmen.
Obwohl wir anfangs so unsere Zweifel hatten ist der Pass offen. Doch auf über 2.600 Meter ist es extrem ungemütlich. Schon einige hundert Meter tiefer fing es an zu tröpfeln und wir zogen wieder mal die Regenpellen über. Gut hundert Meter unterhalb der Passhöhe erreichen wir die Wolkengrenze und schlingern die letzten paar Kehren in eisiger Kälte und null Sicht zwischen riesigen Eiswänden und Schmelzwasserbächen über den Asphalt. Oben angekommen gibt es noch schnell das obligatorische Passfoto auf dem aber außer viel grau und einigen Radfahrern (wie krank muss man eigentlich sein, ich mein wir haben knapp über 0°C?) kaum was zu sehen ist. Mittlerweile sind wir durchgefroren. Die Finger signalisieren deutlich - nix wie runter hier.
Am Col de Lautaret ist zumindest mir trotz doppelter Kombi arschkalt und ich will eigentlich nur noch ins Warme und was essen. In Briancon drehen wir deshalb nur noch eine Runde auf der Suche nach einem Hotel und steigen letztlich in irgendeinem kleinen, ziemlich runtergekommenen Hotel ab das den sehr treffenden Namen Hôtel de la Chaussée trägt.
Nachdem eine warme Dusche unsere müden Glieder wieder etwas aufgepäppelt hat machen wir uns auf die Suche nach einem Restaurant, denn im Hotel gibt es nichts. Nachdem wir zunächst gute 15 Minuten in einem Restaurant von der nur 5 Meter von uns entfernten, sichtlich unbeschäftigten Bedienung völlig ignoriert wurden haben wir irgendwie das Gefühl, dass wir entweder nicht willkommen sind oder die anderen Gäste zu einer wild zusammengewürfelten "Geschlossenen Gesellschaft" gehören. Wir gehen wieder und landen letztlich bei einem Chinesen - naja, warum sollte man in Frankreich nicht mal Chinesisch Essen gehen. Was solls, das Essen ist lecker und der Wein schmeckt auch.
Da auch dieses Hotel kostenloses WLAN anbietet sitzen wir abends noch eine ganze Weile in der Lobby und planen die Tour für den nächsten Tag.