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Wer auch immer den Spruch "Essen wie Gott in Frankreich" erdacht hat - er ist nie in diesem miesen Hotel abgestiegen. Für die 9 Euro Frühstücks-Aufschlag (pro Person wohlgemerkt) bekommen wir 3 Kännchen pechschwarzen Kaffee der Tote erwecken würde, drei etwa 20 cm lange, sehr knusprige Baguettes und ein lächerlich kleines Schälchen Blaubeermarmelade. Etwas verwirrt warten wir noch etwa 10 Minuten auf den Rest der da ja noch kommen müsste und lassen unsere Blicke im Raum umherschweifen. Wenigstens noch Milch und Butter wären nicht schlecht. Nachdem auch auf allen anderen Tischen exakt das gleiche Angebot zu finden ist und die anscheinend taubstumme 80 jährige Kellnerin auch nicht mehr aus ihrem Kämmerchen vorkommt ergeben wir uns unserem Schicksal und würgen das Zeug runter. Mirko schafft es noch der alten Dame ein Kännchen Milch abzuringen damit wir wenigstens den Kaffee runter bekommen.

Mäßig satt schnallen wir das Gepäck auf die Karren und brechen in Richtung Col d'Izoard auf. Das Wetter ist durchwachsen aber der Regen hält sich noch zurück. Nur gelegentlich kommen ein paar Tropfen Nieselregen aus den dicken Wolken aber wir weigern uns die Regenkombis rauszuholen.
Vom Izoard geht es weiter nach Guillestre. Der am Abend mit reichlich Wein im Schädel entworfenen Plan sieht jetzt vor, irgendwo bei Saint-Clément-sur-Durance rechts abzubiegen und über einige kleine Pässe die sehr langweilige N94 Nach Barcelonette zu umfahren.

Den Abzweig finden wir dank TomTom sogar fast auf Anhieb. Die super kleine Straße ist etwa 3 Meter breit uns schlängelt sich dicht an die Felswand gedrückt entlang des Tales langsam nach oben. Irgendwann sagt TomTom dann "Biegen Sie links ab" und wir folgen der Anweisung. Der Weg wird immer schmaler und ist letztlich nur noch ein mäßig asphaltierter Fahrstreifen der hinter einer scharfen Kurve an einem Gehöft unvermittelt in einen Schotterweg übergeht. Wir halten kurz Kriegsrat. Auf dem Navi sieht alles ganz passabel aus und der Weg an sich ist auch für meine Suzi noch fahrbar. Ich fahre also vor in der Hoffnung, dass es bald besser wird. Wie das dann so ist wird es natürlich schlimmer. Die Piste geht langsam aber sicher in eine Art Forstweg mit ausgetrocknetem Bachbett über. Gelegentlich läuft noch etwas Wasser von den Hängen auf den Weg und formt eine super matschige, rutschige und mit Geröllbrocken übersäte Piste. Ich quäle mich noch etwa 1 Kilometer im 1. Gang mit schleifender Kupplung und jaulendem Motor weiter bergauf aber dann ist definitiv Schluss. Selbst die beiden Enduristen haben nur noch wenig Lust sich hier wie die Bergziegen von Stein zu Stein zu quälen. An einer kleinen Weggabelung drehen wir um und holpern wieder zurück. Der Nachteil an so einer Aktion ist, dass man jetzt schon weiß wie bescheiden der Weg ist den man vor sich hat. Leider kann man die Karre aber auch nicht runter tragen und so müssen wir da einfach durch. Irgendwann haben wir dann wieder Asphalt unter den Rädern und folgen einer kleinen Straße wieder hinunter ins Tal und auf die N94.

Dort wo die Schnellstraße den Stausee überquert biegen wir ab und  heizen die wunderbar asphaltierte und breite Straße am südlichen Ufer entlang. Bei Le Sauze-du-Lac halten wir auf der Suche nach einem offenen Cafe eher versehentlich noch am Aussichtspunkt und genießen bei einem Corny den fantastischen Blick über den See. Kurz vorher gab es dann auch noch Gelegenheit die obligatorischen Schräglagenfotos zu machen. Mirko hat wieder mal gewonnen. Auf der Uferstraße geht es dann weiter bis wir am Ende des Sees wieder auf die N94 auffahren.

In Barcelonette nehmen wir dann die Straße zum Col de la Cayolle die bei unserer letzten Tour in dieser Gegend ja leider gesperrt war. Bereits in der Schlucht fängt es an zu Regnen und wir stoppen und quälen uns wieder in die Regenkombis. Diesmal ist die Tortur aber wenigstens nicht vergeblich denn das Wetter verschlechtert sich stetig und es regnet jetzt kontinuierlich weiter. Der Fahrspaß hält sich dank der nassen und teils recht rutschigen Straßen jetzt auch in Grenzen. Außerdem spült der Regen immer wieder Steine und Schmutz auf die Piste so das man höllisch aufpassen muss wenn man um eine Kurve fährt.
Über Valberg geht es bei langsam abklingendem Regen weiter über den Col de la Coulliole und den Col St. Martin (in La Colmiane) nach Les Clots. In einem kleinen Dörfchen halten wir an um was zu essen. Während wir in einem sehr dubiosen Bistro ein erstaunlich leckeres 3-Gänge Menu verspachteln holen uns die dicken Wolken ein und es fängt an zu Schütten wie aus Eimern. Laut Besitzer soll das Wetter auf dieser Seite der Alpen für die nächsten Tage nichts als Regen bringen und so brechen wir die Tour in Frankreich ab und wollen über den Col de Turini nach Bella Italia ausweichen.
Da es auch nach gut einer Stunde immer noch schüttet müssen wir aber nun in strömendem Regen fahren. Der Regen bleibt uns bis zum Turini (gute 200 km) erhalten ...
Mittlerweile bin zumindest ich klatschnass. Die Regenkombi ist irgendwo undicht und meine Klimamembran hat sich offensichtlich in Wohlgefallen aufgelöst. Das Wasser steht in meinen Handschuhen da es von den Armen direkt in die Stulpen läuft und dank voll aufgedrehter Griffheizung habe ich zwar schön warme aber auch schon fast durchgegarte Hände. Was ich da noch nicht weiß: Das Wasser steht auch in meinen Satteltaschen und ich habe daher nicht mal mehr eine trockene Unterhose ...

Unser Notfall-Plan sieht vor, vom Turini nach Sospel zu fahren und dort zu übernachten. Oben auf dem Pass stehen wir aber erst mal unvermittelt auf einem riesigen Parkplatz und finden keine Straße die wieder runter führen würde. Nach drei Runden entdecken wir dann die winzigen Wegweiser und mit ihnen ein sehr massives und nicht falsch zu verstehendes Schild das unmissverständlich klar macht: Hier Ende Gelände. Vom Pass aus kommt man nicht mehr nach Sospel runter sondern nur in die entgegengesetzte Richtung nach L'Escrarène. Wie gut dass man das nicht schon unten, vor der Anfahrt ausgeschildert hatte. Dann hätten wir diese wundervolle Eierei im strömenden Regen den Pass hinauf gar nicht erst gemacht.

Egal, wir sind oben und es gibt ja noch das sehr gemütliche Hotel direkt auf dem Pass. Unzählige Schilder, Tafeln und Fotos zeugen von den Rallye-Helden die hier alljährlich ein- und ausgehen. Wir buchen also ein Dreibettzimmer mit Abendessen und Frühstück und versuchen, so gut es geht, unsere nassen Klamotten irgendwie zum Trocknen im Hotel zu verteilen. Da außer uns anscheinend keiner weiter da ist stört das auch keinen.